Boris-André Meyer

 

GRUNDSATZERKLÄRUNG der Offenen Linken Ansbach e.V.

 

Zur Konstituierenden Sitzung des Ansbacher Stadtrates am 07.05.2008

 

 

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

liebe Ansbacherinnen und Ansbacher,

 

 

viele Kommentatoren und Ansbacher Bürger sprachen an den Iden des März von einem „historischen Tag für Ansbach“. Eine selbstherrliche große Koalition sei abgestraft worden, CSU und SPD vereinen zusammen nur noch 52% der Stimmen auf sich, sowenig wie in keiner vergleichbaren Stadt in Franken und Bayern. Ansbach hat den buntesten Stadtrat seiner Geschichte gewählt.

 

Das ist gut so. Herr Schaudig (Anm.: CSU-Fraktionsvorsitzender) erklärte in seiner Grundsatzerklärung, er habe Angst vor einem Wettlauf der Ideen. Ich nicht!

 

Ich bezeichne den 07. Mai 2008 als einen wahrlich guten Tag für Ansbach. Denn Ansbach hat ab heute ein soziales und selbstbestimmtes Korrektiv auch im Stadtparlament. Die Offene Linke ist in der vermeintlich konservativen Beamtenstadt aus dem Stand heraus mandatiert worden.

 

Lassen Sie mich kurz die politischen Inhalte der Offenen Linken umreißen:

Wir stehen für ein soziales Ansbach. In unserer Stadt wachsen fast 900 Kinder in Armut auf. 1800 Ansbacher können von ihrer Vollzeitstelle nicht mehr leben und sind gezwungen, Zweit- oder sogar Dritt-Jobs anzunehmen, eine Steigerung um 13% in 2007. Gleichzeitig gibt es in Ansbach rund 30 Zeitarbeitsfirmen, die aufgrund der unsozialen Politik von Rot-Grün und Schwarz-Rot im Bund die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterbezahlten Zeitsklaven herabwürdigen.

 

Liebe K u K, wir sind in der Pflicht, zumindest die schlimmsten Auswirkungen des real existierenden Finanzmarktkapitalismus in der Kommune abzufedern. Daher freut es mich ganz besonders, dass die alte Forderung der Offenen Linken nach einem Sozial- und Familienpass, der allen Schichten unserer Stadt Zugang zu Bildung, Kultur, Sport und ÖPNV verschafft, in diesem Rat offenbar inzwischen mehrheitsfähig ist. Man sieht: Die Offene Linke wirkt!

Jedoch müssen die sozialen Kriterien auch bei der städtischen Auftragsvergabe verstärkt Niederschlag finden. Zudem ist für mich Voraussetzung für eine soziale Stadt, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in öffentlicher Hand ist. Ich unterstütze daher ausdrücklich das Versprechen der Frau Oberbürgermeisterin im Wahlkampf, die Rekommunalisierung der Ansbacher Stadtwerke eingehend zu prüfen.

 

Die Offene Linke steht für ein selbstbestimmtes Ansbach.

Meine Haltung zu den US-Expansionsplänen in Katterbach und am Urlas dürfte Ihnen hinlänglich bekannt sein. Genauso wie ich mit den Aktivisten der Bürgerinitiative „Etz langt´s“ und dem Ansbacher Friedensbündnis außerparlamentarisch für eine friedliche Perspektive unserer Stadt kämpfe, werde ich in diesem hohen Hause für eine zivile Zukunft Ansbachs streiten.

 

Ich freue mich bereits jetzt auf eine argumentative Auseinandersetzung mit Ihnen über dieses weichenstellende Thema für Ansbach, das die Gemüter in der Region erhitzt.

 

Besonders gespannt bin ich, wie die Befürworter der Ausbaupläne die Belastungen der Bevölkerung durch Lärm- und Verkehr, Umweltzerstörung, Luftverschmutzung, Steuergeldverschwendung und Enteignungswellen einhergehend mit massiven ökonomischen Nachteilen für Ansbach im Zuge der US-Militärpläne rechtfertigen werden.

 

 

Die Offene Linke steht für ein zukunftsorientiertes Ansbach.

Mit vielen Experten und Betroffenen haben wir Konzepte erarbeitet zu Fragen, die aus wirtschaftlicher Sicht als weiche Standortfaktoren bezeichnet werden:

Kommunale Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, von gleichen Bildungschancen, von der Attraktivitätssteigerung des ÖPNV, bspw. Durch eine innovative Preispolitik oder im Bereich der besseren Integration der 3000 Ansbacherinnen und Ansbacher ohne deutschen Pass sind längst nicht ausgeschöpft.

 

Hinweisen möchte ich außerdem auf die reiche Kunst- und Kulturlandschaft Ansbachs, deren Vielfalt leider bisher nicht in dem Maße gefördert wird, wie einige wenige prestigeträchtige Leuchtturmprojekte. Das sollten wir ändern!

 

Ändern sollten wir auch die monothematische Ausrichtung der Ansbacher Tourismuspolitik. Ich möchte nicht nur für die Erschließung neuer Zielgruppen und Gästeschichten arbeiten, sondern den Binnentourismus stärken, d.h. das Freizeitangebot der Ansbacher Bevölkerung verbreitern.

Ansbach braucht aus tourismuswirtschaftlicher Sicht mit Sicherheit kein zusätzliches 4-Sterne-Hotel, sehr wohl aber eine Jugendherberge und einen Campingplatz. Rudimentäre Angebote für die einheimische Bevölkerung wie öffentliche Grillplätze oder beleuchtete Boulebahnen sind nicht nur finanzierbar, sondern auch potenziell mehrheitsfähig, wie ich den Wahlprogrammen der K u K entnommen habe.

 

In unser aller Interesse sollte, falls wir gemeinsam die von der überregionalen Presse als „Ansbacher Klüngel“ bezeichneten Verhältnisse der letzten 18 Jahren verbessern wollen, die größtmögliche Transparenz kommunaler Politik sein. Entgegen fast aller anderen vergleichbaren Städte hat die Bevölkerung in Ansbach nicht die Möglichkeit den Stadthaushalt, Sitzungsprotokolle u.ä. im Internet kostenlos einzusehen. Dieser Missstand kann technisch problemlos beseitigt werden. Ich hoffe, wir schaffen es darüber hinaus Bürgerentscheide bewusst herbeizuführen, weichenstellende Entscheidungen wie z.B. über die weitere Militarisierung unserer Heimat müssen an die Allgemeinheit delegiert werden können.

 

Liebe K u K,

aufgrund der beschränkten Redezeit kann ich die Konzepte der Offenen Linken leider nicht en detail ausführen. Ich freue mich jedoch bereits über eine sachliche Diskussion hierüber.

 

Zu persönlichen Gesprächen über die genannten Punkte und auch darüber hinaus bin ich jederzeit gerne bereit, ohne Ansehen der Person oder der politischen Herkunft.

 

Als Teil der sozialen Bewegung am Ende des neoliberalen Zeitgeistes kenne ich zumindest auf kommunaler Ebene keine Parteibücher, denn auch die mir scheinbar diametral entgegenstehende bisherige bayerische Staatspartei muss sich, soweit sie sich zu ihren christlichen und sozialen Wurzeln bekennt, mit der katholischen Soziallehre und der protestantischen Friedensethik auseinandersetzen.

Daher bin ich überzeugt, als demokratischer Sozialist auch mit der CSU im Stadtrat in einigen Fragen Übereinstimmungen erzielen zu können.

Die Vertreter der übrigen Gruppierungen kennen mich bereits persönlich und wissen, dass man unvoreingenommen Sachfragen mit mir gemeinsam diskutieren kann.

 

Für die Offenheit und freundschaftliche Aufnahme möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Das zeigt, dass in Ansbach die Diskriminierungen und Berührungsängste neoliberaler und marktradikaler Kräfte gegenüber der neuen linken Bewegung in Deutschland keine Chance haben.

 

 

Liebe K u K,

ich persönlich sehe mich im neuen Ansbacher Stadtrat als Scharnier zu den starken außerparlamentarischen Bewegungen in unserer Stadt. Als jüngstes Mitglied dieses Rates sehe ich mich außerdem als Anwalt der Interessen der Ansbacher Jugend und der Studentenschaft.

 

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Mandat der Offenen Linken eine große Bereicherung für Ansbach ist. Ich werde alles daran setzen, Themen auf die Tagesordnung zu bringen, die ohne uns ignoriert oder niedergebügelt werden würden.

 

Ich wünsche unserem Rat, insbesondere der Frau Oberbürgermeisterin, die Kraft und die Einsicht, das Beste für Ansbach zu suchen und hoffentlich auch zu finden.